Weniger Steuerbürokratie – Mehr Transparenz und Planungssicherheit im Besteuerungsverfahren. Steuervereinfachungsgesetz 2011 beschlossen … so titelt am 02.02.2011 das Bundesfinanzministerium. Aber ob der bisherige Entwurf solche Bezeichnungen verdient? Wir werden sehen. Und wie gesagt, es ist ein Entwurf (über 94 Seiten), nicht die Gesetzesänderung.
Besondere Lobeshymnen wurden jedenfalls bisher nicht gesungen. So fand sich im Steuerboard des Handelsblattes kurz vor dem endgültigen Beschluss des Entwurfs:
“So sehr auch die Kompliziertheit beklagt wird und quer durch alle politische Parteien der Ruf nach Steuervereinfachung ertönt, so minimal, ja geradezu vernachlässigungswert sind die Fortschritte, die in den letzten Jahren erzielt wurden.”
“Steht also jetzt der große Wurf an, der uns eine durchgreifende Vereinfachung bringen wird? Weit gefehlt. Dem Gesetzentwurf liegt im Gegensatz zu verschiedenen in der Wissenschaft erarbeiteten Reformentwürfen kein Konzept und schon gar nicht eine systematische Regelungsidee zugrunde.”
Ein Auszug aus den geplanten Änderungen:
- Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag soll von 920 auf 1.000 € angehoben werden. Wie “großzügig”. Eine echte Vereinfachung hätte einen weit höheren Betrag benötigt, als die Aufstockung um 80 €.
Und eine Frage am Rande … sollte diese Pauschale nicht schonmal abgeschafft werden? Weil, Problem ist eigentlich, dass Arbeitnehmer, die erhebliche Kosten zur Arbeit haben, sie oft nicht vollständig ansetzen können. Im Gegenzug erhalten auch Arbeitnehmer, die weniger als 13 km bzw. z.B. mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, einen Pauschbetrag, der ihre Ausgaben zum Teil beträchtlich übersteigt. Ähm .. eigentlich gibt es den Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Von dem entfernen wir uns damit wieder ein Stück. Besser hätte ich gefunden, die anzusetzenden 0,30€ je Entfernungskilometer mal an die heutigen Spritpreise und sonstigen Ausgaben nach oben anzupassen. Das wäre auch systematisch richtiger gewesen. - Kinderbetreuungskosten: Derzeit wird da je nach Lebens- und Arbeitssituation der Eltern vielschichtig unterschieden, bei welchem Elternteil und an welcher Stelle der Steuererklärung die Kosten zum Ansatz begracht werden können. Das soll nun ein Ende haben. Wer Ausgaben hat zur Betreuung seiner Kinder, soll sie auch ansetzen können.
Hört sich gut an, ist es aber nicht. Der Fiskus will den § 9c EStG einsparen. Dort steht bisher z.B., dass diese Kosten unter bestimmten Voraussetzungen als Betriebsausgaben und Werbungskosten angesetzt werden können. Das muss wohl weg. Man spart dabei nämlich auch Gewerbesteuer. Im Entwurf gibt es “großzügig” nur noch den Sonderausgabenabzug für die Kinderbetreuungskosten.
Das hat auch noch andere als die gewerbesteuerliche Auswirkung. Manch andere Zuwendungen und Abgaben beziehen sich auf den Gesamtbetrag der Einkünfte. Die Sonderausgaben beeinflussen den aber nicht. Wenn jetzt die Kinderbetreuungskosten von den Werbunsgkosten oder Betriebsausgaben in die Sonderausgaben rutschen, dann erhöht sich der Gesamtbetrag der Einkünfte.
Und dann wird es z.B. Eltern geben (einer gesetzlich, der andere privat krankenversichert), die – weil bisher schon knapp an der Grenze – dann ihre Kinder mit einem eigenen Beitrag versichern müssen. Und es wird z.B. auch die Bezieher von Wohnungsbauprämien treffen. “Wunderbare” Steuervereinfachung … gleich mit einem netten Ostergeschenk an Dritte. Z.B. die Eltern, die das betrifft, wird es wenig freuen. - Die Einkünfte- und Bezügegrenze für volljährige Kinder soll wegfallen.
Derzeit ist es so: ein volljähriges Kind ist steuerlich unter anderem nur dann Kind, wenn es mit seinen Einkünften und Bezügen unter aktuell 8.004€ im Kalenderjahr liegt. Nun gehen die Diskussionen schon immer darum, was gehört zu den Einkünften und Bezügen des Kindes. Was mindert sie? Wie man sich denken kann, war das allein schon ein weites Feld für Auslegungsstrategen. Und zudem war auch schon eine Miniüberschreitung dieser 8.004 € blöd. Hatte das Kind z.B. eine Job, mit dem es 8.005 € verdient, dann war das steuerlich echtes Pech. Das GESAMTE Kindergeld war durch diesen 1 Euro futsch. Wenn das alles jetzt wegfällt, finde ich das mal positiv.
Jetzt ist das Ausschlusskriterium z.B. eine Erwerbstätigkeit von über 20 Wochenstunden. Ich denke, damit kommen die meisten Leute besser klar. Was ich allerdings jetzt mit einem Kind mache, das neben seinem Studium keinem klassischen Job nachgeht, sondern selbstständig ist (wie weist das Kind die Wochenstunden nach?) … hm … das werden wir sehen.
Fortsetzung folgt …