Pressearbeit im besten Sinne bekommt Joachim Gauck derzeit scheinbar querbeet geliefert. Ich bin neugierig, wie sich das bis zur Wahl entwickelt.
So wird heute wiederholt in der FAZ.NET über Gauck berichtet, gepaart mit deutlicher Kritik an der Bundesregierung. Wie stand es mit dem Krisenmanagement der Kanzlerin beim Rücktritt Köhlers?
Völlig verwegen klang die von Ulrich Wickert formulierte, dabei doch von schlichtem Common Sense getragene Frage, warum sich die Bundeskanzlerin nicht einfach auf den Weg gemacht habe zu Horst Köhler am Montag, um einen solch historischen Entschluss nicht am Telefon, sondern persönlich zu besprechen, selbst um den Preis eines mutwillig verwirbelten Zeitplans und Protokolls?
Das hätte ich angemessen empfunden. Aber vielleicht ist unseren Regierenden derzeit schlicht alles zu viel?
Am Abend des Rücktritts immerhin erklärte sie, seltener Moment der Wahrheit, so etwas wie ihre Regierungsphilosophie: Jede Krise, die auf den Tisch kommt, nacheinander wegmeistern!
Ist das jetzt Zweckoptimismus oder schon stoisches Verhalten, was man eigentlich, sorry, eher von Eseln kennt?
Ich finde, dem Summa Summarum der FAZ.NET zur obigen Regierungs-Merkel-Philsosophie ist nichts hinzuzusetzen:
Das wäre das perfekte Motto für einen Unfallchirurgen, mit dem feinen Unterschied, dass die ihre Krisen nicht auch noch selbst verursachen. Dieses Vor-sich-hin-Krisen-Lösen passt zum Bild einer autistischen und alienhaften Regierung, einem Bild, das von den gesammelten Talkshowbewohnern inzwischen fraglos akzeptiert wird. Wenn jemand zwischen den Politikern und den Menschen unterscheidet, wird er gar nicht mehr korrigiert. Die dramatische Krise, der Burn-out, wie er Horst Köhler von Beobachtern attestiert wurde, ist das eine Erscheinungsbild der Depression – das freudlose, trauerlose Immerweitermachen ist das andere.
Wie hat Edmund Stoiber gestern bei Anne Will verkündet? Die CDU/CSU hat legitim einen Kandidaten aufgestellt und man wird ihn auch wählen. Warum gibt´s dann eigentlich eine Wahl? Das fragt sich Stoiber wohl eher nicht.
Insofern bin ich sehr gespannt, wie die Pressearbeit weitergeht und ob leitende CDU/CSU-Politiker auch konservative Presse noch lesen und dabei auch denken können, oder ob Depression oder Parteidoktrin kritisches Denken und Handeln schon plattgebügelt haben.
Anmerkung am Rande: Dass es Denkende noch gibt und wie sie Gauck als Wahlvorschlag bewerten, zeigt z.b. der Blog einen Guttenberg-Nahen. Ich muss sagen, so hatte ich das noch gar nicht gesehen … Gauck als Bollwerk gegen die Linke. Mir wär das zu einfach. Und wenn ich an die gestrigen Aussagen von Oskar Lafontaine bei Anne Will denke, ist es auch leicht lächerlich. Wobei ich die Meinung von Herrn von Brandstein zur Linken nicht teile. Aber immerhin, es denkt einer kritisch über die Kandidaten nach.