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Das Glück der Unerreichbarkeit

Das Buch mit selbigem Titel von Miriam Meckel war in Griff aus meinem “ich-will-dich-noch-lesen”-Bücherregal. Schön, so ein Regal. :)

In dem Buch geht es darum, dass wir zwar mitten drin sind in sich rasant entwickelnden Kommunikationsformen, dass wir sie technisch beherrschen … aber dass wir mitnichten so damit leben, dass es uns nicht quasi entsozialisiert, uns von uns selbst entfernt und uns einfach nicht nur stresst. Sich darum Gedanken zu machen, wie man mit dieser ständigen Erreichbarkeit für sich vernünftig lebt, dazu will dieses Buch anregen. Es fragt nach dem “Warum”.

Was soll ich sagen … ich bin am Anfang und hab keine Plan.

Als ich den ersten Absatz des Abschnittes “Digitale Bohème” auf Seite 11 erreicht hatte und nur noch nicken musste, da hab ich beschlossen, weiter zu lesen. (Davor wurde eine Situation beschrieben, die an vielen Tagen etwas völlig Normales für mich ist: ich will zwischen verschiedenen Terminen etwas erledigen, das Telefon klingelt ständig wegen Dingen, die entweder nicht sein müssen oder aber an der Stelle eh nicht richtig klärbar sind und am Ende komme ich nicht zu dem, was ich machen will oder muss … und der Reizpegel steigt.)

“An jenem Tag habe ich festgestellt, dass ich etwas ändern musste. Etwas war mit mir während der vergangenen Jahre geschehen. Ich war zu jener Spezies Mensch mutiert, die angeblich alles gleichzeitig kann. Ich war geworden, was ich nie sein wollte: ein Simulatant.
Irgendwann in den zwei Jahren vor dieser Szene im Lampenladen muss es einen Punkt gegeben haben, den ich selbst nicht bemerkte. Den Zeitpunkt nämlich, als die Kommunikationsanforderungen, die von außen an mich herangetragen wurden, begannen, meine eigene Lebensgestaltung zu bestimmen und meine eigene Kommunikationslogik zu überlagern. Als ich anfing, auf Informationen nur noch zu reagieren, statt nach meinen Wünschen und Vorstellungen zu kommunizieren. Als die kommunikative Vernetzung ein Wert an sich geworden war und nicht mehr Mittel zum Zweck der Verständigung. Als ich zuließ, dass die Technik mein soziales Leben bestimmt – und nicht umgekehrt. Ich war immer online, immer auf Stand-by und immer erreichbar. Aber eigentlich war ich nie mehr richtig da.
Wohlwollend betrachtet, war ich zu einem Exemplar der Spezies Mensch geworden, die einen neuen Lebenstrend definiert: das virtuelle mobile ich. …. die digitale Bohème.”

So mittendrin kommen Sätze wie:

  1. “Wer technisch angeschlossen ist, ist nicht zwangsläufig auch sozial angebunden.
  2. Wer immer erreichbar ist, ist eigentlich für nichts und niemanden wirklich da.”

Ich hab hier die erste Auflage vom Januar 2009 vor mir. Und wenn ich mich richtig erinnere, begann mein eigentlicher persönlicher Einstieg in die virtuelle Kommunikation Ende 2007. Stets Erreichbar (per Telefon und Fax) war ich aber schon vorher. Denn mit meinem Jobwechsel 1995 nach Dessau waren Erreichbarkeit und fließende Übergänge von Job zu Privat grundlegende Elemente des Alltags geworden.

Und damit keine Missverständnisse aufkommen … die Autorin verteufelt die mobile Kommunikation nicht. Es gibt ja auch genug Vorzüge von SMS, Mail, Facebook und Co.. Denn es ist eben nicht die Technik selbst, die uns zur ständigen Erreichbarkeit drängt. Sie macht sie nur möglich. Die permanente Erreichbarkeit “… setzt uns unter einen hohen Kommunikationsdruck, bahnt uns zugleich den Weg zu Anerkennung und Wertschätzung.” Sie behauptet zudem:  “Aufmerksamkeit ist die neue Währung unserer Zeit.”
Es geht also um Wahrnehmung, darum, dass andere mich wahrnehmen? Oh.

Den Einstieg in die weiteren Betrachtungen macht die Autorin mit der Aussage, wir bräuchten eine “kluge Unerreichbarkeit”. “Sie gwährt uns Zeiten der Ruhe, des Abschaltens und der Konzentration.” … Aha. Ja, und?

“Wir müssen Bedingungen schaffen, dass Phasen der Vernetzung und des Informationsinputs sich mit Phasen der Verarbeitung und  des kreativen Outputs abwechseln. … Kommunikation braucht Qualität. Und Qualität braucht Zeit. Wer sich verständigen will und verstanden werden will, muss nachdenken können und sich erklären dürfen. … Jeder braucht heute von Zeit zu Zeit sein individuelles existenzielles Funkloch. Das sorgt nicht nur für eine Steigerung der Lebensqualität, es ist überlebenswichtig.”

… Genau das wurde diese Woche offensichtlich: es gab für mich nicht das kleinste Funkloch (die 6 Nachtstunden zählen dabei nicht) und die Qualität der Kommunkation mit manchen mir durchaus wichtigen Menschen hatte extrem an Qualität eingebüßt. Jetzt kann ich weder an der Datenflut, noch an der Kommunkation anderer etwas ändern. Aber ich kann über meine Kommunikation nachdenken und mir Wege überlegen, die mich nicht nur fremdbestimmt durchs Leben wandern lassen.

…F.f.

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