Bei einem Artikel in der Faznet vom heutigen Tag über die Grünen konnte ich Begeisterung über die Anzahl von fast 52.000 Mitgliedern spontan nicht so richtet teilen. Ich fand: “nur” 52.000 und nicht “schon” 52.000. Also hab ich mal geguckt, wieviel Mitglieder haben sie denn, die wichtigsten Parteien bundesdeutscher Parteienlandschaft. Gar nicht so einfach, Aktuelles und Sinniges zu finden.
Und ein Nebeneffekt meiner Suche: ich bin jetzt ein Member mit Basis-Account bei Statista. Die Medienpartnerliste liest sich wie das Who-is-Who der Presseerzeugnisse. Man kann sich Daten und Statistiken herunterladen … natürlich in der Basisvariante nur begrenzt. Aber immerhin:
CDU = 517.098, SPD = 512.520, Die Linke = 78.700, FDP = 71.812, Grüne = 50.000.
Hm … es gibt lt. Statista 62,2 Mio Wahlberechtigte in Deutschland. Die könnten ja nun auch alle Parteimitglieder sein. Sind sie aber nicht. Die sogenannten großen Volksparteien CDU und SPD bringen es jeweils nicht einmal auf 1 % der Wahlberechtigten mit ihrer Mitgliederzahl. Linke, FDP und Grüne murkeln bei 0,1 % rum.
Was sagt das jetzt aus, dass über 95 % der Wahlberechtigten Deutschlands sich mit keiner Partei direkt identifizieren wollen oder können?

Na ja, für Identifikation muss man nicht unbedingt Mitglied sein. Gleichwohl meine ich, dass die Parteiendemokratie nur noch von der Verfassung am Leben gehalten wird. Das ist nicht Schuld des Grundgesetzes und auch nicht seiner Väter – die konnten sich – nach der unsteten Weimarer Erfahrung – die Spezies der Parteifunktionäre und ihrer duckmäuserischen Karriereplanung mit Ziel eines Voll-Lebens in der Politik wahrscheinlich gar nicht vorstellen. Den Bürgern bleibt wahrscheinlich nur, die Demokratie von unten neu zu beleben und die Politiker nicht so wichtig zu nehmen. Wer hätte gedacht, dass es mal ein Segen sein würde zu sagen: “Egal wer regiert – es ändert sich eh’ nix!”
Ein “Voll-Leben in der Politik” – das trifft es perfekt. Politisches Engagement wird oder ist zum schnöden Job degradiert. Einfach nur eine Möglichkeit von vielen. Für die Bedeutung, die dahinter stecken sollte, ist mir das einfach zu wenig. (Und der Anspruch von Leidenschaft gilt ja eigentlich für alles Tun – ob Klofrau, Arzt, Anwalt, Politiker etc, oder?).
Wie also sollen die Bürger die Demokratie beleben? (ernsthafte interessierte Frage!) Ich denke auch, um von unten Dampf zu machen, sind zu viele dieser Bürger noch zu nett in ihr Zuckerwatteleben eingehüllt. Es geht uns gut … auch wenn wir meckern und etliche gut rechnen müssen, um klar zu kommen. Aber es gibt Sorgen, die haben wir nicht. Wir kennen keinen Krieg im eigenen Haus, keine Morde, Plünderungen, keine alles durchdringende Mafia und keine Korruption nach russischem Vorbild. In anderen Ländern werden Journalisten “üblich” zu Krüppeln geschlagen, wenn sie gegen Korruption beim Autobahnbau durch Wälder berichten. Wir hier spielen höchstens mit Legopiraten.
Ich bin logisch froh, dass es sowas hier nicht gibt. Aber Entwicklung braucht wohl oft auch den Druck zur Veränderung. Und den hatten die Väter des Grundgesetzes wohl mehr als wir.
Dagegen dieses Postengeschachere in Parteien regt mich auf. Halt emotionsloses Job-denken. Deswegen unter anderem bin ich noch in keiner Partei.
Und ich finde, es ist eine Wohltat, wenn Politiker sich grundsätzliche Gedanken machen und eine Überzeugung erkennen lassen. (Letztens im Presseklub z.B. war es für die hochrangigen Pressevertreter nicht rauszukriegen, wofür steht Guttenberg eigentlich. Traurig oder? Für Guttenberg!)
Tobi, Dein letzter Satz … ist das wirklich ein Segen? Macht das nicht auch Angst? Und warum gehen wir noch wählen, wenn dem so ist? Dann wär es doch ökonomischer, alle, die heute regieren, bleiben. Aber irgendwie will ich das bei etlichen auch nicht.
Zu deiner letzten Frage: Es haelt das große Ganze in Gang. Das sind durchaus notwendige gesellschaftliche Grundlagen. Wahlen sind dafuer da, falls doch mal etwas schiefzugehen droht. Dann moechte man das Procedere nicht erst wieder einueben muessen. Ich male mal ein Wunschbild der Zukunft: der Bund ist stabil und funktioniert einfach, die Laender gehoeren als Polit-Verwaltungs-Einheiten abgeschafft und in den Kommunen, die finanziell erheblich davon profitieren, dass es die Laender nicht mehr gibt, spielt die Musik.